- Oktober 31, 2022
- Lesedauer: 4 Minuten
Die Klimaziele der Regierung haben unmittelbare Auswirkungen auf den Fuhrpark. So stehen immer mehr E-Autos statt Verbrenner als Dienstwagen zur Verfügung. Zur Finanzierung des ÖPNV sollen auch Steuerprivilegien von Autofahrern gestrichen werden.
Die Ampeln stehen auf Grün: Um den öffentlichen Nahverkehr zu finanzieren und den Klimaschutz zu stärken – etwa durch die Verlängerung des 9-Euro-Tickets – schlagen Politiker die Streichung des Dienstwagenprivilegs vor. Die erforderlichen Milliarden für ein bundesweit geltendes 365-Euro-Jahresticket für den ÖPNV, so Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer, könnte der Bund durch die Streichung des Dienstwagenprivilegs aufbringen. Würde zusätzlich die Entfernungspauschale gestrichen werden, wäre die Finanzierung des 9-Euro-Tickets sogar realistisch. Selbst der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Unterstützer der Automobilbranche, spricht sich für ein überall geltendes Jahresticket für 365 Euro aus. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will die verschiedenen Vorschläge prüfen.
Gesetzliche Neugestaltung auf dem Prüfstand
Das hätte vor allem für den Fuhrpark weitreichende Auswirkungen. Kommt es zur Umsetzung des Vorschlags, fürchten Unternehmen einen drastischen Anstieg bei den Kosten für den Fuhrpark. Aber anders ist das wichtige Ziel der Bundesregierung für mehr Nachhaltigkeit im Verkehr wohl kaum umzusetzen. Bis 2030 sollen in Deutschland etwa 15 Millionen Elektroautos auf den Straßen unterwegs sein.
So erwägt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für die schwungvolle Antriebswende laut Handelsblatt wohl eine neue Klimaabgabe bei Pkw-Neuzulassungen von Verbrennern. Aber es geht nicht nur ums Klima, sondern auch um Gerechtigkeit: Aktuell unterstützt der Staat die Anschaffung und Betrieb von Firmenautos jährlich mit mehr als drei Milliarden Euro.
Da bislang besonders Wohlhabende mit großen Dienstwagen davon profitieren, möchte die neue Regierung dieses System ändern. Denn bisher gilt: Je teurer ein Auto, desto höher ist der Anteil der Firmenwagen.
Aktuelle steuerlichen Regelungen für Dienstwagen
Bislang gilt: Wird der Firmenwagen auch privat genutzt, muss er seinen sogenannten geldwerten Vorteil versteuern. Wer auf das Fahrtenbuch verzichtet, kann die sogenannte Ein-Prozent-Regel in Anspruch nehmen und setzt dabei jeden Monat ein Prozent des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs an. Bei einem Listenpreis von 60.000 Euro, beträgt der geldwerte Vorteil damit 600 Euro pro Monat, auf die man dann Steuern zahlt.
Anders sieht es bei Elektroautos aus, die steuerliche Vorteile genießen und sich auszahlen: Bei reinen Elektrofahrzeugen, die nicht teurer als 60.000 Euro sind, müssen nur 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises angesetzt werden. Für teure Elektroautos und Plug-in-Hybride sind es 0,5 Prozent. Unternehmen können den Kauf von Dienstwagen zudem von der Steuer absetzen.
Firmenwagenprivileg in der Kritik
Wie bereits zuvor erwähnt, greifen Politiker zwei Kritikpunkte auf. So spricht der ökologische Verkehrsclub Deutschland von einem enormen Steuerprivileg und hält die pauschale Besteuerung für veraltet. Ein Dienstwagen sei viel günstiger, als wenn man ihn sich privat kaufen würde, meint ein Sprecher. Ein Geschenk für Top-VerdienerInnen – so lautet der vielstimmige Tenor. Denn viele Kosten des benutzten Autos wie Wertverlust, Reparaturen und oft auch das Tanken trägt ja immerhin der Arbeitgeber. Einen anderen Standpunkt nimmt das Umweltbundesamt ein – und sieht in der Regelung vornehmlich eine umweltschädliche Subvention. Alle steuerlichen Vergünstigungen für Dienstwagen verringerten zudem den Anreiz, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Die Subventionierung von mindestens 3,1 Milliarden Euro würde man lieber zur Finanzierung eines günstigen Nahverkehrstickets nutzen.
Automobilbranche profitiert vom Dienstwagenprivileg
Klarer Profiteur des Dienstwagenprivilegs ist bislang die deutsche Autoindustrie, die kräftige Umsätze mit Firmenwagen macht. So wurden alleine im letzten Jahr knapp eine Million Fahrzeuge auf Unternehmen angemeldet. Für den Gesamtmarkt bedeutet es, dass rund jede dritte Neuzulassung ein Firmenwagen war. Und gerade darauf beziehen sich diejenigen, die am Status Quo festhalten wollen. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer verweist etwa auf die erhebliche Wertschöpfung bei Zulieferern und Autobauern in Deutschland. Dies gilt insbesondere für die Mittelklasse, die obere Mittelklasse und die Oberklasse. Die gleiche Ansicht vertritt der Verband der Automobilindustrie VDA. Dabei holt das E-Auto gegenüber Verbrennern auf: Der E-Anteil bei Dienstwagen sei 2021 mit 29 Prozent im Vergleich zum Gesamtmarkt (26 Prozent) überdurchschnittlich hoch gewesen.
So sei es für Unternehmen und MitarbeiterInnen attraktiv, regelmäßig neue Fahrzeuge zu bestellen. Diese würden wenige Jahre später als Gebrauchtwagen in den Markt kommen, weiß VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Ein weiterer Katalysator, der die Elektromobilität ankurbeln würde. Deshalb wäre es ein großer Fehler, die Dienstwagensteuer zu modifizieren.
Ungenutztes Potenzial bei Firmenwagen
Die Umwelt- und Verkehrsorganisation Transport & Environment weist beim Firmenwagenmarkt in Deutschland auf viel ungenutztes Potenzial zur Erreichung der Klimaziele hin. Nur elf Prozent der neuen Firmenwagen waren 2021 vollelektrisch unterwegs, eine Reform der Dienstwagenbesteuerung sei dringend notwendig. Im Vergleich dazu fahren 22 Prozent der neuen Privatwagen elektrisch. Das ergaben Untersuchungen von Transport & Environment Deutschland (T&E) auf Basis von Daten des Experten Dataforce.
T&E sehen eine Reform der Dienstwagenbesteuerung als wichtigen Treiber für mehr E-Autos auf der Straße. Die zusätzlichen Steuereinnahmen würde zum Abbau klimaschädlicher Subventionen führen und seien eine notwendige Maßnahme, um CO₂-Emissionen bereits kurzfristig einzusparen und die Lücke im Verkehr für die Klimaziele zu schließen.
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Firmenwagen: Gezielte Subventionen für den Klimaschutz
Nur gezielte Subventionen bringen den Klimaschutz weiter. Dazu zählen die Subventionen für Plug-In-Hybride als Dienstwagen kaum. Schon länger bemängeln Kritiker, dass sie über eine viel zu geringe elektrische Reichweite verfügen. Die Folge: viele Plug-In-Hybride werden kaum rein elektrisch gefahren – vielmehr nutzen sie hauptsächlich den Verbrennungsmotor. Ein Problem ist dabei das Gewicht der Batterie. Denn sie macht das Fahrzeug unnötig schwer und treibt den Verbrauch an Kraftstoff unnötig in die Höhe. Deshalb möchte die Verkehrsorganisation Transport & Environment Deutschland unter anderem eine Dienstwagenbesteuerung für Verbrenner und Plug-in-Hybride anheben und ökologisch ausrichten. Dazu zählt auch, Abschreibungen für klimaschädliche Verbrenner und Plug-in-Hybride zu beenden, größere Abschreibungen für batterieelektrische Firmenwagen einführen und nicht zuletzt eine E-Auto-Quote für Unternehmen mit großen Flotten verbindlich festzulegen. Was davon künftig politisch umgesetzt wird, bleibt fraglich. Klar ist nur: Im Fuhrpark wird sich künftig einiges ändern.