- August 8, 2022
- Lesedauer: 4 Minuten
Schnell mal die Halterhaftung im Unternehmen an andere übertragen? Klingt gut, ist aber kompliziert und nicht immer rechtssicher. Alles, was Sie wissen sollten, hier im Überblick.
Es kommt immer wieder vor, dass die Betriebsleitung die Halterhaftung an die Fuhrparkleitung überträgt. Aber lässt sich die Halterhaftung auch an FahreInnen übertragen? In diesen Fällen gibt es einiges zu beachten, um keine bösen rechtlichen Überraschungen zu erleben. Ebenso kann aber auch der reibungslose Ablauf des Betriebs durch unklare Aufgabenverteilung und falsche Entscheidungen gestört werden. Das hat Auswirkungen: In manchen Fällen ist die Übertragung der Verantwortung nämlich gar nicht erst wirksam. Im Zweifelsfall macht sich die Betriebsführung bei Zuwiderhandlungen sogar haftbar. Mit Konsequenzen: hohe Bußgelder und sogar Freiheitsstrafen drohen. Fahrzeughalter haben immer eine besondere Verantwortung – selbst dann, wenn Sie die Fahrzeuge gar nicht selbst bewegen.
Können FuhrparkbetreiberInnen die Haftung an NutzerInnen delegieren?
Prinzipiell gelten als HalterInnen die Personen, die aus dem Betrieb des Fahrzeugs Nutzen gewinnen, alle Kosten tragen und über den Einsatz des Fahrzeugs verfügen können. Ob die Personen den Einsatz direkt oder persönlich anweisen, spielt dabei keine Rolle. Andererseits muss ein Unternehmen als Halter Bedingungen schaffen, damit es nicht zu einer Haftung aus dieser Haltungsstellung kommt. Deshalb versuchen ArbeitgeberInnen immer wieder, die Halterhaftung von sich weg zu delegieren – am liebsten an die ArbeitnehmerInnen. Der könne doch das Haftungsrisiko tragen, wenn er schon den Dienstwagen nutzen darf – schließlich wäre ja auch die private Nutzung zugelassen. Die Übertragung der Halterhaftung ist nach § 9 OWiG durchaus möglich, aber tückisch. Um die Halterverantwortung zu delegieren, benötigt es eine geschulte Person, die den entsprechenden Aufgaben gerecht werden kann. Und daran scheitert es häufig.
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Halterhaftung: Von allen Pflichten befreien?
Die Verlockung scheint groß, indem der Firmenwagen direkt auf den Arbeitnehmer zugelassen wird. Keine Anhörungen mehr im Bußgeldverfahren, keine Führerscheinkontrolle – denn der Arbeitnehmer ist durch die Zulassung doch auch zum Fahrzeughalter geworden. Oder? Vorsicht Falle: Denn auf wen ein Kraftfahrzeug zugelassen ist, stellt zwar ein Indiz für die Vermutung dar, dass der Zulassungsinhaber auch Halter des Fahrzeugs ist. Stimmt aber nicht. Spätestens, wenn ein Halter strafrechtlich haftet, reichen Vermutungen zur Haltereigenschaft aber nicht aus.
Halterhaftung: Wer ist denn nun verantwortlich?
Ein Berliner Gerichtsurteil kann in diesem Fall ein klärendes Bild liefern. Ein Pkw war auf eine weibliche Person zugelassen worden. So weit, so gut. Diese nutzte das Fahrzeug selbst aber gar nicht und hatte auch keinen weiteren Zugriff auf den Pkw, denn es war von ihr als Leihgabe an einen Bekannten überlassen worden. Nach einer Verkehrskontrolle war klar: Der Leihfahrer besaß keine Fahrerlaubnis. Im weiteren Verfahren wurde die Zulassungsinhaberin wegen fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach Paragraf 21 Abs. 1 Nr. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Strafrichter ging eindeutig dabei davon aus, dass die Frau die Halterin sei, da das Fahrzeug auf sie zugelassen war. Gegen diese Verurteilung – ohne weitere Indizien – wehrte sich die Beschuldigte jedoch erfolgreich in der nächsten Instanz.
Kompliziert und im Graubereich
Das Berliner Kammergericht geht also in seinen Entscheidungsgründen davon aus, dass eine Haltereigenschaft stets positiv festgestellt werden muss. Und dann komme es gerade nicht darauf an, wer der Eigentümer ist – oder ob das Fahrzeug auf diese Person zugelassen wurde. Der Begriff des Halters ist ein Rechtsbegriff. Da Paragraf 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG diesen Rechtsbegriff als Tatbestandsmerkmal für eine Verurteilung voraussetzt, müssen jene Tatsachen im Urteil aufgeführt werden, die für eine Haltereigenschaft als erwiesen angesehen werden.
Unternehmen immer als Halter?
Nach der ersten Rechtsprechung kommt es für die Frage nach dem Halter darauf an, von wem das Fahrzeug auf eigene Rechnung benutzt wird. Konkret bedeutet das: Wer hat die Kosten bestritten und den Verwendungsnutzungen gezogen? Und wer hat tatsächlich, vornehmlich wirtschaftlich, über die Fahrzeugbenutzung als Gefahrenquelle so verfügen können, dass es dem Wesen der Veranlasserhaftung entspricht (KG, Beschluss vom 25.07.2017 – (6) 121 Ss 91/17 (32/17)). An diese Feststellungen mangelte es in erster Instanz, sodass das Kammergericht die Sache zur erneuten Prüfung an das Amtsgericht zurückverwies.
Klare Vorgaben, klare Pflichten
Nun kann man nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass dieser private Fall auch bei Flottenfahrzeugen so beurteilt wird. In der Regel werden Dienstwagen vom Arbeitgeber angeschafft. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Fahrzeuge vom Unternehmen gekauft werden – oder etwa die Form des Leasings bevorzugt wird. Das Fahrzeug ist dem Arbeitgeber zuzurechnen. Denn er trägt alle relevanten laufenden Kosten für den Betrieb des Fahrzeugs. Das gilt auch dann, wenn sich der Arbeitgeber über eine Entgeltumwandlung beim Arbeitnehmer letztlich diese Kosten wieder refinanziert – wie dies häufig bei Dienstwagenüberlassung als Motivationsmodell üblich ist.
Was eine wichtige Rolle spielt: Die Überlassung eines Firmenwagens an einen Arbeitnehmer erfolgt unter ganz klaren Vorgaben des Arbeitgebers. Darin sind Rechte und Pflichten der Fahrzeugnutzer fest verankert. Üblicherweise finden sich diese Regelungen dann in Überlassungsverträgen, Dienstwagenrichtlinien, einer Car Policy oder anderen Nutzungsanweisungen zum Umgang mit dem Firmenfahrzeug. Daher wird ein Arbeitgeber bei der Überlassung von Dienstwagen an Arbeitnehmer regelmäßig von der Rechtsprechung als Halter angesehen. Denn auch nach der Rechtsprechung des BGH bleibt die Halterhaftung des Unternehmens auch dann bestehen, wenn der betreffende Mitarbeiter förmlich als Halter des Fahrzeugs in den Papieren eingetragen wurde (BGH Urteil vom 10.07.2007 – VI ZR 199/06). Da nützt die Zulassung auf den Arbeitnehmer auch nichts.