Übertragung von Unternehmerpflichten – was ist möglich?

Handschlag

Im Artikel erfahren Sie:

  1. Grundlagen der Pflichtenübertragung: Die Übertragung von Unternehmerpflichten nach § 13 Arbeitsschutzgesetz ermöglicht es, Aufgaben und Pflichten auf andere Personen zu delegieren. Dies umfasst die Auswahl geeigneter Führungskräfte, Beschäftigter oder Dienstleister und die Pflicht zur Überwachung und Kontrolle.

  2. Verantwortung und Ablehnung: Trotz Übertragung von Pflichten bleibt die Verantwortung für den Arbeitsschutz der Beschäftigten beim Vorgesetzten. Beschäftigte können die Übernahme von Unternehmerpflichten nur unter bestimmten Umständen ablehnen, etwa bei fehlenden erforderlichen Kompetenzen.

  3. Schriftliche Übertragung und Kontrolle: Die Übertragung von Pflichten sollte schriftlich erfolgen, wobei der Verantwortungsbereich und die Befugnisse exakt festgelegt werden müssen. Selbst bei der Übertragung von Pflichten bleibt der Unternehmer weiterhin verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle.

Die Übertragung von Unternehmerpflichten nach § 13 Arbeitsschutzgesetz erlaubt es dem Unternehmer, Aufgaben und Pflichten auf andere Personen zu delegieren. Doch darf man diese auch einfach ablehnen? Was Unternehmer und Verantwortliche bei der Pflichtenübertragung beachten müssen – wir wissen es.

Zuerst: ein Erklärvideo über Halterhaftung

Ganzheitliche Übertragung nicht möglich

Im hektischen Alltag lassen sich als Vorstand oder Geschäftsführer nie alle bestehenden Pflichten persönlich wahrnehmen. Dafür gibt es in der Regel zu viele unterschiedliche Arbeitsfelder zu beackern. Die Pflichtenübertragung oder Delegation stellt ein wesentliches Instrument dar, um die gesetzliche Verantwortung zu übertragen und gleichzeitig rechtssicher zu handeln. Bei der wirksamen Übertragung von Pflichten ist jedoch einiges zu beachten – denn trotz Übertragung von Pflichten bleiben bestimmte Organisationspflichten bestehen: Etwa die Pflicht zur Auswahl geeigneter Führungskräfte, Beschäftigter oder Dienstleister, die diese Aufgaben dank ihrer Ausbildung übernehmen können. Zusätzlich bleibt die Pflicht zur Überwachung und Kontrolle.

Verantwortung für Unternehmerpflichten

Einfach die Kontrolle wegzuschieben – das geht also nicht. Denn der Vorgesetzte übernimmt stets die Verantwortung für den Arbeitsschutz seiner Beschäftigten, die sich aus dem Arbeitsvertrag und der tatsächlichen Stellung als Vorgesetzter ergeben. Darüber hinaus können auch mit der Vorgesetztenfunktion nicht im Zusammenhang stehende Pflichten auf sonstige Beschäftigte übertragen werden. (§ 13 Abs. 2 ArbschG i.V.m. § 13 DGUV Vorschrift 1). Das betrifft die Situation, wenn Vorstand oder Geschäftsführung übergreifende Organisations- oder Überwachungspflichten übertragen. 

Beauftragter muss fachliche Qualifikationen vorweisen

Die Übernahme von Unternehmerpflichten können Beschäftigte vorbehaltlich der Regelungen im Arbeitsvertrag bzw. in der Tätigkeitsbeschreibung nur unter bestimmten Umständen ablehnen. Etwa dann, wenn sie fachlich nicht in der Lage sind, diese Aufgaben zu erfüllen. Das trifft etwa bei fehlenden erforderlichen Kompetenzen zu. Deshalb müssen Unternehmer vor der Beauftragung genau prüfen, ob die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen zuverlässig und fachkundig sind. Doch wie lässt sich das am besten prüfen. Generell gilt: Nur geschultes Personal ist zuverlässig und für die Pflichtenübertragung vorgesehen. Aufgaben des Arbeitsschutzes, der UVV oder Halterhaftung sind einfach zu umfangreich und muss mit der gebotenen Sorgfalt ausgeführt werden.

Schriftliche Übertragung von Pflichten

Leute diskutieren einen Vertrag

Hat der Unternehmer eine geeignete Person gefunden, sollte sie schriftlich beauftragt werden, die jeweiligen Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Weiterhin muss man den Verantwortungsbereich und die Befugnisse exakt festlegen – diese sind vom Beauftragten zu unterzeichnen. Die Zustimmung des Verpflichteten ist dann erforderlich, sofern der Rahmen des gültigen Arbeitsvertrages überschritten wird. Durch Unterschrift kann der Unternehmer im Zweifel beweisen, dass die Aufgaben übertragen wurden und die beauftragte Person ordnungsgemäß bestellt ist. Eine Ausfertigung der Beauftragung ist ihm auszuhändigen. Dabei ist der Kreis der Personen, die Unternehmerpflichten übernehmen, kaum eingeschränkt. Vom Abteilungsleiter über Prokuristen bis zum betriebsfremden Dienstleister erstreckt sich das Spektrum.

Kontrolle bleibt weiterhin beim Unternehmen

Selbst bei der Übertragung von Pflichten bleibt der Unternehmer weiterhin verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle. Er hat dafür zu sorgen, dass die übertragenen unternehmerischen Pflichten letztlich umgesetzt werden. Das bedeutet auch, dass die oberste Auswahl-, Aufsichts- und Kontrollverpflichtung des Unternehmers nicht übertragbar ist. Besonders im Falle eines Unfalls ist das wichtig: So hat etwa das OLG Frankfurt/Main (Urteil vom 04. April 2014, Az. 2 U 93/13) entschieden, dass ein Regressanspruch einer Berufsgenossenschaft gegen einen Unternehmer wegen grob fahrlässiger Herbeiführung eines Arbeitsunfalls bestehen kann. Darüber hinaus kann auch nach Paragraf 209 Abs.1 Nr.1 SGB VII i. V. m. Paragraf 58 DGUV Vorschrift 70 ein Bußgeld aufgrund der Nichtvornahme der jährlichen UVV-Prüfung drohen, das bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Begehung neben dem Unternehmer auch den Fuhrparkleiter treffen kann.

Ein Vertrag wird unterzeichnet

Kann ich die Übertragung von Unternehmerpflichten ablehnen?

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, es kommt dabei zum Teil auf den konkreten Fall an. So erübrigt sich gesonderte Pflichtenübertragung auf bestimmte Personen dann, wenn nämlich bereits aus einem anderen Rechtsgrund eigenständige Pflichten – etwa auf dem Gebiet der Unfallverhütung – bestehen. Dieser Umstand trifft auf betriebliche Führungskräfte und Vorgesetzte zu, bei denen sich die Verantwortung bereits aus den nach Ihrem Arbeitsvertrag übertragenen Aufgaben ergibt. Eine gesonderte Pflichtenübertragung wäre nur in den Fällen notwendig, wenn Personen zusätzliche Unternehmerpflichten übertragen werden sollen, die über den festgelegten Verantwortungskreis hinausgehen.

Neue Pflichten, neue Schulungen

Möchte eine Arbeitgeberin eine fachkundige Person mit nicht im Vertrag verankerten Unternehmerpflichten beauftragen, hat sie zuvor zwingend die Zustimmung dieser Person einzuholen. Ansonsten kann der Arbeitnehmer vor das Gericht ziehen, wie folgender Fall belegt (Landesarbeitsgericht, Urteil vom 17.11.2017, Aktenzeichen 2 Sa 867/17). Ein technischer Sachbearbeiter wurde ohne seine Einwilligung von der Arbeitgeberin als verantwortliche Elektrofachkraft bestellt. Dagegen klagte der technische Sachbearbeiter beim Arbeitsgericht. Konkret beantragte er festzustellen, dass er nicht verpflichtet sei, als verantwortliche Elektrofachkraft tätig zu werden. So sei die Arbeitgeberin nicht befugt, ihn in Ausübung ihres Direktionsrechtes gegen seinen Willen zur verantwortlichen Elektrofachkraft zu bestellen. In diesem Fall gab das Arbeitsgericht der Klage statt. 

Zwei Frauen sprechen mit einander

Klage des Arbeitnehmers erfolgreich

Vertrag

Die Arbeitgeberin sei nicht befugt, den technischen Sachbearbeiter gegen seinen Willen zur verantwortlichen Elektrofachkraft durch Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts zu bestellen. Es müsse ein Einverständnis des technischen Mitarbeiters oder sogar eine Vereinbarung für diese Bestellung vorliegen – so die Begründung. Das gelte selbst dann, wenn die bisherige Tätigkeit des technischen Sachbearbeiters für dieselbe Liegenschaft ihrer Art nach mit der neuen und zusätzlichen Funktion der verantwortlichen Elektrofachkraft an sich keine grundlegende Änderung erfahre. Zudem wurde dem technischen Sachbearbeiter im Zuge der Übertragung keine entsprechende qualifizierte Einweisung durch Fortbildung oder Schulung zur Verfügung gestellt worden. Insbesondere gilt dies für die Erstellung der abgeforderten Gefährdungsbeurteilung, die bisher nicht Gegenstand der von ihm zu erbringenden Tätigkeit gewesen sei. 

 

Das Urteil lässt sich prinzipiell auch auf die UVV oder Halterhaftung übertragen. Eine Ablehnung ist in entsprechenden Fällen also durchaus möglich. Und ohne eine wirksame Delegation bleiben die Pflichten – etwa zum Arbeits- und Gesundheitsschutz – mit allen Konsequenzen beim Arbeitgeber, der zusätzlich die Oberaufsichtspflicht im Auge behalten muss.

FAQ

1. Was bedeutet die Übertragung von Unternehmerpflichten?

Die Übertragung von Unternehmerpflichten nach § 13 Arbeitsschutzgesetz erlaubt es dem Unternehmer, bestimmte Aufgaben und Pflichten, insbesondere im Bereich des Arbeitsschutzes, auf andere Personen zu delegieren. Dies dient dazu, die gesetzliche Verantwortung effektiv zu verteilen und gleichzeitig rechtssicher zu handeln.

2. Welche Pflichten können übertragen werden und welche bleiben bestehen?

Übertragbar sind spezifische Aufgaben wie die Verantwortung für den Arbeitsschutz. Nicht übertragbar sind jedoch die grundlegenden Organisationspflichten des Unternehmers, wie die Auswahl geeigneter Führungskräfte und die Pflicht zur Überwachung und Kontrolle der delegierten Aufgaben.

3. Kann man die Übernahme von Unternehmerpflichten ablehnen?

Beschäftigte können die Übernahme von Unternehmerpflichten unter bestimmten Umständen ablehnen, insbesondere wenn sie fachlich nicht in der Lage sind, diese Aufgaben zu erfüllen. Dies kann der Fall sein, wenn erforderliche Kompetenzen fehlen. Die Zustimmung des Mitarbeiters ist erforderlich, wenn die übertragenen Pflichten über den Rahmen des gültigen Arbeitsvertrages hinausgehen.

4. Wie erfolgt die formelle Übertragung von Pflichten?

Die Übertragung von Pflichten sollte schriftlich erfolgen, wobei der Verantwortungsbereich und die Befugnisse exakt festgelegt und vom Beauftragten zu unterzeichnen sind. Dies dient als Nachweis, dass die Aufgaben ordnungsgemäß übertragen und vom Beauftragten akzeptiert wurden.

5. Welche Verantwortung bleibt beim Unternehmen bestehen?

Selbst bei der Übertragung von Pflichten bleibt der Unternehmer weiterhin verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle. Er muss sicherstellen, dass die übertragenen Pflichten umgesetzt werden. Die oberste Auswahl-, Aufsichts- und Kontrollverpflichtung des Unternehmers ist nicht übertragbar.

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