- Dezember 30, 2019
- Lesedauer: 5 Minuten
Aktuelle Fahrerassistenzsysteme (FAS) bieten Fuhrparkmanagerinnen und Fahrerninnen eine umfassende Unterstützung zur Unfallvermeidung. Die neuen Systeme nutzen KI und Echtzeitdaten, um mögliche Gefahren zu erkennen und präventiv darauf zu reagieren. Vom automatischen Notbremsassistenten bis zur Müdigkeitserkennung – alle Systeme dienen dem Schutz des Fahrers. Wir erklären, wie Fuhrparks durch die Implementierung dieser Tools nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch ihre Effizienz steigern können. Und wie die Unfall Analyse wichtige Erkenntnisse liefert.
Seit dem 7. Juli 2024 ist eine EU-Vorgabe in Kraft, die verschiedene Fahrerassistenzsysteme für Neufahrzeuge vorschreibt und so die Verkehrssicherheit erhöhen soll. Diese Regelung basiert auf der EU-Verordnung 2019/2144 vom 6. Juli 2022. Seit dem sind Neuwagen mit Systemen wie Tempomat, Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner, Notbrems- sowie Spurhalteassistent und einer Blackbox zur Fahrzeugdatenerfassung auszustatten. Für bereits zugelassene Fahrzeuge vor diesem Stichtag besteht zwar keine Pflicht zur Nachrüstung, jedoch sind viele dieser Systeme bereits in älteren Modellen vorhanden – der Handel kann diese weiterhin anbieten.
Ziel der EU ist es, mit unterstützenden Systemen die Zahl der Verkehrsunfälle zu senken, da laut EU-Statistik 95 Prozent dieser Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. Die Erwartungen der EU-Kommission sind hoch. So sollen durch die verpflichtenden Assistenzsysteme bis 2038 etwa 25.000 Menschenleben gerettet und mindestens 140.000 schwere Verletzungen vermieden werden. Damit sich Verantwortliche für Fuhrparks vorbereiten können, erläutern wir die spezifischen Systeme, die die Verordnung umfasst.

Gemäß der aktuellen EU-Verordnung müssen ab sofort alle Neuwagen mit bestimmten Fahrerassistenzsystemen ausgestattet sein, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Unfälle zu verhindern. Immer noch bleibt die Zahl der Verkehrsunfälle wegen zu geringen Abstands konstant. Laut Statistischem Bundesamt ist sie mittlerweile sogar die häufigste Unfallursache. Mit Fahrerassistenzsystemen (FAS) lässt sich das deutlich reduzieren. Zu diesen verpflichtenden Technologien gehören:
- Notbremsassistent: Erfasst potenzielle Hindernisse und leitet bei Gefahr automatisch einen Bremsvorgang ein, wenn der Fahrer nicht reagiert.
- Spurhalteassistent: Warnt bei unbeabsichtigtem Verlassen der Fahrspur und kann notfalls die Fahrtrichtung korrigieren.
- Intelligenter Geschwindigkeitsassistent (ISA): Überwacht Geschwindigkeitsbegrenzungen und hilft, das Tempo anzupassen.
- Adaptives Bremslicht: Leuchtet bei plötzlichem Abbremsen auf, um den nachfolgenden Verkehr zu warnen.
- Unfalldatenspeicher: Zeichnet bei einem Unfall bestimmte Fahrdaten auf, die zur Analyse des Vorfalls dienen können.
- Müdigkeitserkennung: Erkennt Anzeichen von Erschöpfung und fordert den Fahrer zur Pause auf.
- Rückfahrassistent: Unterstützt beim Rückwärtsfahren, indem er Hindernisse im Umfeld erkennt.
- Kopfaufprallschutz: Erhöht den Schutz für Fußgänger und Radfahrer bei einem Zusammenstoß mit der Fahrzeugfront.
- Alkoholempfindliche Wegfahrsperre: Verhindert das Starten des Fahrzeugs bei Überschreiten einer Alkoholgrenze.
- Reifendrucksensoren: Bereits seit November 2014 sind direkt oder indirekt messende Reifendrucksensoren für die Zulassung von Neuwagen Pflicht. Die automatische Überwachung des Reifendrucks dient dem Umwelt- und Unfallschutz gleichermaßen.
Weitere Tools zur Unfallvermeidung
Licht-Assistent
Autohersteller bieten adaptive Lichtsysteme an, bei denen der Computer die optimale Ausleuchtung der Fahrbahn übernimmt. Er entscheidet selbst, wann auf Fernlicht und wann auf Abblendlicht umgeschaltet wird – oder wie breit die Fahrbahn angestrahlt wird.
Nachtsicht-Assistent
Rund sechs Prozent weniger Verkehrstote bei Nacht bringt laut eIMPACT Consortium (Impact Assessment of Intelligent Vehicle Safety Systems, 2008) ein Nachtsicht-Assistent. Bessere Sicht bei Nacht liefern Infrarot- oder Wärmebildkameras. Ihre Reichweite ist weiter als die des Fernlichts. So werden Fußgänger schneller erkannt.
Einpark-Assistent
Es gibt so unterschiedliche, aber hilfreiche Systeme: Von der Rückfahr- oder 360-Grad-Kamera bis zu Systemen, die den Parkplatz vermessen und dann den Wagen selbstständig in die Lücke fahren.
Leitfaden zum Schadensmanagement herunterladen & Schäden schneller abwickeln
Ist der Unfall trotzdem passiert, muss der Fuhrparkleiter eine Reihe an Prozessen abwickeln. Welche Schritte er dabei nicht vergessen kann und wie sich der Fahrer verhalten sollte, erklärt folgender Leitfaden.
1. Wie funktioniert Müdigkeitserkennung im Auto
Die Müdigkeitserkennung ist seit 2022 bei vielen Neuwagen Standard und hilft, Unfälle durch Sekundenschlaf zu vermeiden. Systeme von Bosch und Continental analysieren Lenkmuster oder Augenbewegungen mit KI-gestützten Kameras, um Ermüdung zu erkennen und warnen visuell oder akustisch, wenn eine Pause nötig ist. Volvo bietet zusätzlich ein Fahrerüberwachungssystem, das über Kameras im Innenraum erkennt, wenn der Fahrer abgelenkt ist, und gegebenenfalls das Fahrzeug verlangsamt oder sogar stoppt.
2. Intelligenter Geschwindigkeitsassistent (ISA)
Der ISA von Herstellern wie Bosch und Continental überwacht über Verkehrszeichenerkennung und GPS-Daten die Geschwindigkeit des Fahrzeugs und warnt, wenn das Tempolimit überschritten wird. Im Jahr 2024 ist der ISA in der EU für neue Fahrzeuge Pflicht, aber der Fahrer kann das System manuell deaktivieren, wenn nötig. ISA hilft, die Geschwindigkeit an den Verkehr anzupassen, und sorgt so für mehr Sicherheit und weniger Unfälle durch Geschwindigkeitsübertretungen.
3. Notbremsassistent
Notbremsassistenten von Unternehmen wie ZF und Bosch sind in der Lage, Abstände, Beschleunigung und andere Fahrzeugdaten zu analysieren und das Fahrzeug bei Gefahr automatisch abzubremsen. Der Assistent aktiviert sich bei Kollisionen automatisch, wenn der Fahrer nicht reagiert, und ist seit Juli 2024 für Neuwagen in der EU vorgeschrieben. Auch Volkswagen und Mercedes haben Notbremsassistenten integriert, die vor allem in städtischen Umgebungen oder bei hoher Verkehrsdichte Unfälle verhindern.
4. Abbiegeassistent für Lkw und Busse
Für schwere Nutzfahrzeuge und Busse sind Abbiegeassistenten zur Erkennung von Fußgängern und Radfahrern bei Abbiegevorgängen seit Juli 2024 Pflicht. Hersteller wie MAN und Daimler bieten Systeme an, die über Sensoren Hindernisse im toten Winkel erkennen und den Fahrer warnen. Diese Assistenzsysteme werden teilweise vom Bundesamt für Güterverkehr gefördert und sind auch nachrüstbar, um die Unfallzahlen an Kreuzungen signifikant zu senken.
5. Telematik und prädiktive Analysen
Telematiksysteme von Vimcar analysieren das Fahrverhalten kontinuierlich und verwenden KI, um präventive Warnungen auszusprechen. So kann das Verhalten im Verkehr oder die Nutzung des Bremspedals auf potenziell gefährliches Fahren hinweisen. Durch prädiktive Analyse und datenbasierte Warnungen erhalten Fuhrparkmanager Einblicke, wie sich Unfälle vermeiden lassen, indem sie Fahrgewohnheiten anpassen oder Schulungen für ihre Fahrer anbieten.
6. Alkohol-Interlock-Systeme
Für Fahrzeuge mit einer standardisierten Schnittstelle ist es möglich, Alkohol-Interlock-Systeme zu installieren, die nur das Starten des Fahrzeugs erlauben, wenn der Alkoholpegel des Fahrers unter einem bestimmten Wert liegt. Diese Technologie wird vor allem in Ländern wie Schweden und Finnland aktiv genutzt, wo Alkolocks von Unternehmen wie Dräger und Smart Start für bestimmte Fahrzeugflotten eingesetzt werden, um Unfälle unter Alkoholeinfluss zu vermeiden.
Unfall Analyse und Datenvergleich ist wichtig

Telematikdaten regelmäßig zu analysieren und auszuwerten, kann helfen, Unfalltrends zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen. Im Rahmen eines durchdachten Unfallmanagements kristallisieren sich so Gefahrenpunkte heraus: Häufen sich Schäden an bestimmten Fahrzeugen, sollte die Flotte überprüft werden. Womöglich ist das fragliche Auto nicht mehr mit zeitgemäßen Sicherheitstools ausgerüstet. Passieren zu bestimmten Uhrzeiten vermehrt Unfälle, zum Beispiel in den späten Nachmittags- oder Abendstunden, lohnt ein Blick auf den Dienstplan. Zu lange Schichten oder zu kurze Pausen zwischen zwei Einsätzen können mögliche Ursachen sein. So wird die Sicherheit langfristig gewährleistet.
Praktische Umsetzung für Fuhrparks
Die Integration dieser Technologien in Fahrzeugflotten erfordert Schulungen und Einweisungen für die Fahrer. Die Akzeptanz von Assistenzsystemen ist entscheidend, damit Fahrer die Systeme verstehen und nicht deaktivieren. In Sicherheitstrainings können Fahrer lernen, wie sie diese Systeme optimal nutzen und sich an die technischen Eingriffe anpassen. Laut Experten wie Dr. Klaus Ruff, stellvertretender Präventionsleiter der BG Verkehr, sollten Fuhrparkmanager auf die Wünsche der Fahrer eingehen und Systeme schrittweise einführen.
Die Systeme vermindern laut einer Studie der Berufsgenossenschaft die Anzahl der Unfälle um 34 Prozent. Leider werden sie meist abgeschaltet. Experten empfehlen Unternehmen, eine Dienstanweisung zur Aktivierung von FAS zu erlassen. Durch diese neuen Fahrerassistenzsysteme, die Echtzeitdaten und KI nutzen, können Fuhrparks die Sicherheit erhöhen und gleichzeitig die Unfallzahlen verringern. Die modernen Technologien bieten Fuhrparkleitern und Fahrern eine breite Palette an präventiven Maßnahmen, die Risiken im Straßenverkehr effektiv minimieren.
Fazit – Unfälle vermeiden durch ganzheitliche Ansätze
Eine Unfallverhütungsstrategie ist für den Fahrer als Unfallschutz sinnvoll, senkt Wartungs- und Reparaturkosten und verhindert teure Fahrzeugausfälle. Innovative Tools im Fahrzeug und ein ganzheitliches Unfallmanagement helfen effektiv dabei, Unfälle von Anfang an zu vermeiden.
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