Seit 2014 helfen Reifendruck-Kontrollsysteme (RDKS) Sprit zu sparen und Unfälle zu verhindern. Unterschieden wird in direkt und indirekt messende Varianten, die alle Vor- aber auch Nachteile haben.
Druckvoll auf den Straßen
Geplatzte Reifen, Unwucht oder zu geringer Druck können im Ernstfall zu gravierenden Unfällen führen. Zusätzlich verbrauchen Fahrzeuge mit schlappen Reifen laut Angaben der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) mehr Kraftstoff als mit richtigem Reifendruck. Wegen des erhöhten Rollwiderstands spricht der ADAC von bis zu 0,4 Liter auf 100 Kilometer bei einem Minderdruck von 0,5 bar. Aber auch die Reifen haben dadurch mehr Gummiabrieb und müssen eher getauscht werden. Reifendruck-Kontrollsysteme (RDKS) sollen das seit 2014 alles verhindern. Das ist das Ziel EU mit ihrer RDKS-Pflicht.
Zwei Systeme, zweimal Druckkontrolle
Es gibt zwei Systeme, um den Druck zu messen: Autohersteller nutzen entweder direkte Sensoren im Rad oder werten das Abrollverhalten der Reifen aus. Beide RDKS-Systeme haben Vor- und Nachteile und funktionieren ganz unterschiedlich. Ein direktes RDKS muss bei jedem Reifenwechsel gewartet werden. In der Werkstatt sollte deshalb ausreichend Zeit eingeplant werden. Ein indirektes RDKS muss nach Montage neuer Reifen oder einer Änderung am Reifendruck einmal neu angelernt werden, damit die Sensoren den neuen Ausgangszustand speichern. Wie das funktioniert, ist in der Bedienungsanleitung des Fahrzeugs nachzulesen.
Direkt messende Systeme
An jedem einzelnen Rad werden hier Druck- und Temperatursensoren verwendet, die im direkten Kontakt zur Luft im Reifen stehen. Die Übertragung der Daten erfolgt in Echtzeit über Felgen-Sensoren auf das Steuergerät im Fahrzeug, das den exakten Reifendruckwert für jede einzelne Radposition ermittelt. Kleinste Druck- oder Temperaturschwankungen lassen sich so frühzeitig erkennen. Sowohl Sommer- und Winterräder müssen mit den Sensoren ausgerüstet sein.
Vorteile der direkt messenden RDKS:
- Schnelle und genaue Messungen an allen vier Rädern, auch schleichende Luftverluste werden dadurch rechtzeitig erkannt und gemeldet.
- Nach dem erstmaligen „Anlernen“ der Sensoren ist bei modernen Sensoren eine neuerliche Initialisierung nach jeder Reifendruckkorrektur und dem Räderwechsel nicht erforderlich.
Die Nachteile:
- Da für jedes zusätzliche Rad ein Sensor benötigt wird, kostet ein zweiter Rädersatz zwischen 120 Euro und 300 Euro.
- Die Batterien der direktmessenden Sensoren halten etwa vier bis sechs Jahre. Ein Batteriewechsel ist nicht möglich, daher müssen die Sensoren erneuert werden.
Indirekt messende Systeme
Im Gegensatz zu den direkt messenden Systemen registrieren indirekt arbeitende Systeme Änderungen am Reifendruck nur mittelbar. Bei zu hohem oder zu niedrigem Reifendruck ändert sich auch das Abrollverhalten der Reifen – und damit die Drehzahl. Zusätzlich spielt das Schwingungsverhalten des Reifenmantels, dass sich mit dem Reifendruck verändert, eine große Rolle. Dank Drehzahlsensoren erkennt die Fahrzeugelektronik Veränderungen im Reifenabrollverhalten. Das Ergebnis wird umgehend dem Fahrer gemeldet, der dann weiß, dass sich der Luftdruck verändert haben muss.
Vorteile der indirekten Messung:
Bei der Umrüstung auf andere Räder entstehen keine zusätzlichen Kosten. Bei dieser Methode wird bereits im Fahrzeug vorhandene Sensorik genutzt, damit entfällt das Umrüsten wie bei direkt messenden Systemen. Der Fahrer muss das System nach einer Korrektur des Reifendrucks oder einem Umstecken der Räder nur per Tastendruck neu initialisieren.
Die Nachteile:
Ganz klar die Zeitverzögerung sowie die Genauigkeit bei der Messung – denn das indirekt arbeitende System reagiert auf einen Druckverlust deutlich langsamer als sein Konkurrent. Ganz besonders dann, wenn an allen Rädern gleichzeitig ein ähnlicher Druckverlust auftritt. Häufig ist auch nicht klar, in welchem Rad der Druckverlust besteht, sodass im Ernstfall alle Räder kontrolliert werden müssen. Außerdem funktionieren sie nur bei rollendem Fahrzeug. Deshalb setzt die Mehrheit der Autohersteller auf direkt messende RDKS-Systeme.
Reifensensoren: Informiert sein
Informiert zu sein über welches System ein Wagen verfügt, ist die erste Pflicht des Halters. Eine einheitliche Kennzeichnung für beide Systeme gibt es bislang leider nicht. Aber wenn sich der Reifendruck über den Bordcomputer abrufen lässt, kann man davon ausgehen, dass es sich um ein direktes System handelt. Wird in der Betriebsanleitung auf Sensoren verwiesen, ist ebenfalls ein direkt messendes RDKS verbaut. Hinweise, dass das RDKS nicht den tatsächlichen Reifendruck anzeigt, verweisen auf ein indirektes System.
Regelmäßig Luftdruck messen
Hersteller empfehlen in der Regel den Reifendruck alle 14 Tage zu messen. Halten sich Autofahrer nicht an die Empfehlung riskieren sie womöglich einen Unfall. Denn ein zu geringer Reifendruck führt zu vielen negativen Auswirkungen auf das Fahrverhalten: So wird die Fahrsicherheit in Kurven und bei Nässe beeinträchtigt und Bremswege können sich verlängern. Aber durch schlaffe Reifen erhöht sich außerdem der Rollwiderstand – hoher Kraftstoffverbrauch und starker Verschleiß der Gummis sind die Folgen.
Wichtig: Da der richtige Reifendruck für die Sicherheit von zentraler Bedeutung ist und ein zu geringer Druck höhere Verbräuche verursacht, ist es trotz RDKS unerlässlich, den Reifendruck regelmäßig manuell zu überprüfen.
Reifenwechsel nur vom Fachmann
Beim halbjährlichen, witterungsbedingten Wechsel der Reifen sollten Fahrzeugen mit direktem RDKS nur bei einem Fachmann gewartet werden. Wer ein Auto mit indirektem RDKS fährt, kann die Räder zwar ganz normal wechseln. Allerdings muss das Kontrollsystem anschließend neu angelernt werden.